Sie kommt: Braunschlag die Zweite!
Zitat aus der verwandten Serie: „Waldviertler Ritter Reiter“
Ein Traktor. Ein veralteter Computer.
Ein Bürgermeister.
Braunschlag. Ein Bürgermeister und sein Traktor kämpfen gegen den Gemeinde-Bankrott.
Von Braunschlag gab es nie mehr als eine Staffel. Aber aus heiterem Himmel kommt heute meine älteste Tochter – die legendäre Krezenzia Thusnelda, die mittlerweile seit 8 Jahren in diesem Blog diesen klingenden Namen trägt – zu mir und sagt:
„Mama, wir waren heute in Litschau und dort wird ein Film gedreht: Braunschlag!„
Waassss Braunschlag bekommt eine zweite Staffel?
Genau jetzt wo ich meinen Blog gerade neu mache und diesen alten Beitrag von 2016 ausgegraben habe?
Sollte die Serie damals nicht gesehen haben:
Bei Braunschlag handelt es sich um eine Serie von Robert Palfrader, die im Waldviertel spielt. Da ja bereits alle wissen, dass das Landleben im Waldviertel mein Lieblingsthema ist, dachte ich mir 2026, dass es an der Zeit wäre, dieser Serie ein paar Worte zu widmen.
Unsere Zenzi kennt Herrn Palfrader übrigens nur unter dem Namen Klaus Klickenklober, weil sie den Film Sing 2 allerhöchstens 1.500.660 Male angeschaut hat.
Braunschlag hat mit dem Dreh der ersten Staffel übrigens einige Menschen im Bezirk Gmünd irritiert, die eigentlich in das nette Örtchen Eisgarn fahren wollten und sich plötzlich in Braunschlag wiederfanden – und das obwohl sie wussten, dass sie in Eisgarn waren und alles sehr nach Eisgarn aussah.
Das lag vermutlich daran, dass sie für den Dreh der Serie das Ortsschild ausgetauscht hatten…
Ich schätze diesmal wissen sie es alle schon und kommen gut damit zurecht eine Zeit lang in Braunschlag zu leben.
Was mir an der Serie so gefallen hat, ist der manchmal mehr und manchmal minder versteckte schwarzen Humor und dass die Geschichten zwischen Alltagsrealität und Absurdem angesiedelt sind.
Als Waldviertlerin mit Migrationshintergrund war ich gleichzeitig irritiert, darüber, dass mir sprachlich das so genannte „Lokalkolorit“ gefehlt hat.
Unter Lokalkolorit versteht man alles, was einer Geschichte das Gefühl verleiht, dass man sich genau an dem Ort und zu der Zeit befindet, in der die Geschichte spielt. Das war im Zeitalter der Romantik eines der wichtigsten Kriterien für Kunst. In unseren postmodernen Zeit ist das allerdings anders…
Puuuhhh – ich hab’s wieder geschafft und meinen Bildungsauftrag mit dem Blog erfüllt… Das öffentliche Fernsehen kann stolz auf mich sein. Egal.
Was ich damit sagen will: Es fällt mir schwer mir vorzustellen, dass ich eine Geschichte mit Waldviertlern sehe, wenn alle Schauspieler wie Weana klingen. Sogar die Schauspieler*innen, die gebürtige Waldviertler*innen sind, wurden dazu gezwungen so zu klingen wie Wiener.
Schuld ist das Zielpublikum, dass zu 95% aus Nicht-Waldviertler*innen besteht, das die Schauspieler*innen nicht verstehen würden, wenn sie in atemberaubender Geschwindigkeit im Waldviertler Dialekt vor sich hinnuscheln wie ein Wirt in der tiefsten Einöde zwischen Wald und Karpfenteich.
Diesem Integrationszwang sind übrigens nicht nur Schauspieler*innen ausgesetzt, sondern auch Menschen, die im telefonischen IT-Support arbeiten. Fragt mal meinen Mann Horst Bierdeckl, dem in seinen ersten Jobs auch verboten wurde, zu sagen, dass die Personen ihren Laptop ume, zuwe und aufe trog’n soll, weil sie nicht weiß, was das bitteschön heißen soll.
Also fühle ich mich auch beim Anschauen von Braunschlag sprachlich eher in den 12. Wiener Gemeindebezirk versetzt.
Wenn ich meine Augen ganz fest schließe und denen beim Reden zuhöre sehe ich vor meinem geistigen Auge die U6, den Donauturm, den Gürtel , sowie den Häupl und den Ludwig – beide mit einer Flasche Himbeerkracherl in der Hand.
Ich sehe, wie Erwin Pröll auf seiner Glatze wieder Haare wachsen, weil er sich auch gerade Braunschlag anschaut und akustisch bei bestem Willen keinen Waldviertler Dialekt finden kann. Darauf stößt er mit der Hanni mit einem selbst gezüchteten Wein an.
Ich höre wie der Stipperl *) Grundbirn zu den Waldviertler Erpfen sagen will, es sich aber gerade noch rechtzeitig verkneift, da auch gebürtige burgenländische Schauspieler an sprachlichen Integrationszwang leiden.
Ich sehe wie der verstorbene Schriftsteller Thomas Bernhard aus dem Grab aufsteht und Chef von Microsoft wird.
Was ich nicht sehe sind Wälder, Rehe, Hirsche, Hasen und Mohnfelder.
*) lang: Thomas Stipsits
Und wenn ich als „nicht-native-Woodquaterisch-Speaker“ das schon höre, wie fühlen sich dann waschechte dialekt-affine Waldviertler*innen?
Vielleicht könnte Herr Palfrader-Kickenklober mir als stukadiert-akademisch-geprüften, interkulturell bewanderten und schauspielerisch begnadeten Waldviertlerisch-Sprecherin eine Rolle geben. Dann könnte ich schlechtes Waldviertlerisch sprechen, das aufgrund meines Wiener Akzentes auch alle anderen verstehen.
Das wäre immerhin mehr Waldviertlerisch als man sonst in der Serie hört. Ich könnte den Huaba-Bauer spielen, oder die Pfarrers-Köchin oder eine Frostituierte *), die im Jänner bei -30 Grad in Allentsteig steht und auf einen Freier wartet.
Oder eine hinterfotzige Blogautorin, die alle Menschen stalkt um Klatsch und Tratsch zu verbreiten.
*) (Zitat Otto Waalkes – wahrscheinlich ist der Ausdruck während eines Waldviertel Besuches entstanden)
Ein Freund von mir meinte dazu:
„Gibt es überhaupt gute Schauspieler*innen im Waldviertel!?!“
Ich meine schon, dass es die gibt.
Die mir bekannten Schauspieler heißen zwar nicht Roy Black, Peter Alexander und Angelina Jolie sondern haben im Waldviertel eher Namen wie Ableidinger, Apfelthaler oder Holzmüller.
Warum ich glaube, dass Roy Ableidinger, Peter Apfelthaler und Angelina Holzmüller gute Schauspieler*innen sind?
Als ich 2014 ins Waldviertel verzog, habe ich ja tatsächlich wieder angefangen ins Theater zu gehen.
In Wien habe ich das dank vieler ehrgeiziger Neuinszenierungen aufgegeben. Spätestens da, als ich Hamlet in Lack und Leder mit einer Peitsche in der Hand gesehen habe, dachte ich mir, dass das ja auf koa Kuahaut geht und habe die Theaterbesuche wieder sein lassen.
Im Waldviertel ging ich sehr gerne ins Theater. „Ging“ deswegen, weil ich zur Zeit des Umzugs kinderlos war. Jetzt gehen Horst und ich abends nirgends mehr hin – außer ins Bett.
Die Stücke die ich zu dieser Zeit gesehen habe, waren gerade so angepasst, dass moderne Menschen sie noch verstehen, aber in diesen Inszenierungen nicht ihr ursprüngliches Flair verloren haben.
Und das ist mehr mein Ding. Dong.
Niemand steht vor der Tür. Ende. Und aus.
Wir freuen uns auf Braunschlag Staffel 2!!!!!!